Und gut, dass du dich mit allen wichtigen Good2Knows auseinandersetzen möchtest, bevor es für dich mit dem fesseln los geht.
Denn Fesseln wird in den Spielarten des BDSM als sogenannte RACK-Aktivität eingeordnet. RACK steht für Risk Aware Consensual Kink. Das bedeutet, dass Fesseln ein Kink ist, der immer mit einem gewissen Risiko verbunden ist. Du kannst Fesseln nicht so praktizieren, dass es risikofrei wäre.
Das gängige Konzept des SSC ( Safe, Safe, Consensual) kann beim fesseln also nicht funktionieren, denn fesseln ist IMMER gefährlich und egal wie gut du fesseln kannst, diese Risiken kannst du lediglich minimieren, aber nicht ausschalten. Und deshalb ist dies ein Kink, bei dem Risiko-Bewusstsein aller Beteiligten wichtig ist, um vollständig informiert Konsens geben zu können, da Bock drauf zu haben.
Es gibt viele unterschiedliche Seilmaterialien. Für Shibari hat sich etabliert mit Hanf oder Jute zu fesseln. Beides sind gedrehte Naturmaterialien. Die gedrehte Struktur ist wichtig, damit das Seil Reibung hat und unter Last nicht länger wird (wie zum Beispiel geflochtene Seile, die dehnen sich unter Last aus und deren glatte Oberfläche erzeugt keine Reibung und damit keine Brems-, und Greifkraft der Knoten).
Hanfseile sind immer eher etwas gräulich, Juteseile etwas goldener. Hanfseile riechen neue ein wenig nach Bauernhof und Juteseile sind entweder geruchsneutral oder riechen nach Jute Batching Oil (riecht ein wenig wie Kerosin). Juteseile knarzen, wenn sie neu sind. Hanfseile sind von Beginn an etwas anschmiegsamer, Juteseile etwas starrer. Ob ihr euch für Hanf oder Jute entscheidet, ist persönliche Präferenz.
Weder Jute noch Hanf, wollen gewaschen werden, beide Seile verlieren durch Kontakt mit Wasser Bruchlast. In welchem Umfang sich die Bruchlast genau reduziert kann euch keiner sagen, das diese Seile nicht DIN genormt sind (Naturmaterial), aber ihr solltet sie einfach nicht waschen. Wenn ihr sie reinigen möchtet, geht mit einem Lappen von außen grob drüber, und zum "desinfizieren" könnt ihr sie wahlweise für 10 Minuten bei 100 Grad in den Ofen legen oder in den Trockner werfen.
Ihr solltet keine Plastikseile verwenden (Kunsthanf, Nylon, etc.) denn diese Zeugen beim schnellen ziehen über die Haut Seilbrand (Brandverletzungen der Haut).
Baumwolle kann für viele Menschen attraktiv sein, denn es ist ein kuscheliges und beliebig oft waschbares Seil, aber auch das Baumwollseil ist ein geflochtenes Seil, sodass auch dieses sich unter Zug dehnt. Es gibt zwar auch welche die im Flechtmantel ein gedrehtes Seil inne liegen haben (sogenannte Seele), das ändert aber nicht, dass der Flechtmantel drum herum rutscht und sich bewegt und man dann ja auch gleich mit einem gedrehten Seil fesseln könnte. Für Bett&Sex Bandage mag das Baumwollseil aber gut funktionieren.
Standardlänge eines Seils: 8 Meter
Standard-Seil-Set: 7-8 Seile
Es empfiehlt sich auch 2 kurze Seile (4 Meter) im Set dabei zu haben
Für den Anfang reichen auch 3 Seile, Preis-Leistungs-Technisch ist es meistens rentabler sich direkt ein Set zu kaufen.
In den Internetforen wird sich seit 10 Jahren die Finger wund getippt welches Seil nun besonders gut ist und was nun die non-plus-ultra Seil-Veredelungs-Methode ist.Man kann da viel zu sagen und lange drüber reden.
Wir empfehlen Bavarian-Bondage und auch Amatsunawa und kaufen da selbst ein.
Seile bearbeitet bedeutet pragmatisch auf das wesentliche zusammengefasst: Seil brechen indem man es durch den Ring zieht, Abrieb abflämmen indem man es durch die Flamme zieht, ölen mit z.B. Babyöl oder auch Jojobaöl (sollte nicht ranzig werden), und ggf. noch eine Schicht Wachs (Wasserschutz, bessere Laufeigenschaften des Seils).
Gut, als Anfänger ist das jetzt ehrlich gesagt noch nicht so wichtig für dich, denn du wirst ganz sicher nicht direkt in die Luft gehen. Daher halten wir das kurz:
Du kannst am Ring, Bambus, Karabiner fesseln. Ringe und Karabiner können mit Drehwirbeln versehen werden (Swivel).
Panikhaken (u.ä.) sind nicht empfehlenswert, da die die Wahrscheinlichkeit dass sie bei einem Ruck öffnen, ohne dass die beabsichtigt war zu groß ist.
Es gibt Holzbalken.Konstruktionen, einzelne Deckenhaken (Schwerlasthaken), Deckenplatten mit Haken dran und Metal-Gestelle.
Eine Aufhänge-Konstruktion ist immer nur so sicher, wie ihr schwächstes Glied in der Kette, das ist meistens das Seil. Dennoch: Suspensionpoints vor dem Benutzen JEDES Mal prüfen. Ist alles fest? Sitzt alles an Ort und Stelle? Ist alles fachgerecht installiert?
Wenn möglich würden wir immer empfehlen an einem Suspensionpoint zu arbeiten der nicht singulär ist, also mehr als eine 1-Punkt-Aufhängung darstellt. Ganz einfach, wenn dieser 1 Punkt aus der Decke bricht, ist es ganz arg schlecht.
Suspensionpoints müssen für dynamische Lasten ausgelegt sein, nicht für statische.
Überschätze deine Fähigkeiten nicht, fessle nüchtern und in einer ungefährlichen Umgebung.
Besprich dein Fessel-Vorhaben vorher mit der anderen Person (wir sprechen von Gefesseltem/ Modell).
Sei dir darüber bewusst, dass du als Fesselnder in der Ressourcenstarken Position bist, du "hast Macht", denn die gefesselte Person ist "wehrlos". Auch wenn es ein freiwilliges und selbst gewähltes technisches Übungsheft-Setting sein mag, dennoch kann die gefesselte Person jetzt über viel weniger selbst entscheiden, als die fesselnde Person.
Das bedeutet auch: Besprecht vorab, was in Ordnung ist. Wo und wie darf berührt werden? Was darf gefesselt werden? Wie wird kommuniziert? Sind wir uns der möglichen Risiken bewusst und wie gehen wir mit ihnen um?
Gefesselte Personen werden nicht alleine gelassen. Es wird darauf geachtet, dass sie Luft bekommen (beispielsweise nicht mit dem Gesicht in einem Kissen liegen) und dass sie sich jederzeit mitteilen können (der Mund nicht verlegt ist und es nicht zu laut ist). Es wird regelmäßig gefragt, ob es der gefesselten Person gut geht.
Es wird darauf geachtet, dass die gefesselte Person nicht stürzt (insbesondere, wenn die Hände gefesselt sind).
Modelle sollten Situationen nicht aus falschem Stolz oder Ego aushalten. Wenn etwas unbequem ist oder sich nicht gut anfühlt, dann sag das.
Nein heißt Nein.
Wir verweisen an dieser Stelle auf unser Info-Material für Rope-Bottoms, in dem auch der Ropebottom Guide von Eru (Berlin Ropes) und Clover (UK) verlinkt sind. Dort könnt ihr ganz ausführlich eintauchen in die Themen:
- Nervenschäden
- Gelenke / Aufwärmen
- Schmerzen (Guter/ Schlechter)
- Konsens / Kommunikation
https://www.fushicho.de/ropebottoming
Wir verweisen ausserdem auf unsere eigene Video-Reihe, die wir im Rahmen der Shibari-Study Produktion aufgenommen haben:
https://shibaristudy.com/authors/lecia
https://shibaristudy.com/programs/safety-course?cid=531662&permalink=anatomy-nerves-fainting
Wenn du anfängst dich mit anderen Menschen zu vernetzen, zu Fesseltreffen zu gehen, oder auf einem Workshop in einer Gruppe mit anderen Menschen zu lernen, hier noch ein paar Basics:
- Nimm nicht zu viel Raum ein. Damit meinen wir, dass es cool ist, wenn du darauf achtest, dass jedmensch im Raum zu Wort kommt, Platz hat, sich wohl fühlt
- Wenn du deinen Fesselplatz gerade nicht brauchst, dann räum ihn auf und stell ihn damit anderen menschen zur Verfügung
- Frag bevor du andere Menschen anfasst
- Während andere Menschen fesseln, wird denen nicht rein-gelabert, es sei denn es ist AKUTE Gefahr in Verzug
- Idealerweise hat jede Veranstaltung ein Team, das für dich während es ganzen Events ansprechbar ist, falls du Situationen beobachtest mit denen du dich unwohl fühlst, oder dich etwas passiert, über dass du sprechen möchtest
--> Wir schließen uns der Anti-Abuse Policy des Karada House an: https://karada-house.de/wp-content/uploads/2020/06/AntiAbusePolicy_Poster.pdf
- Versuch leise zu sein, wenn Menschen fesseln, verlagere deine Urlaubsgespräche in den Nebenraum, oder nach draußen, lass keine Bahnhofs-Atmosphäre entstehen
- Fesselräume sind immer Schuh-freie Zone, denn keine möchte mit dem Gesicht im Straßendreck liegen
- Respektiere Trainer und Aufsichtspersonen