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Ich ficke also bin ich? Wer? Was? Wie? 

Fushicho • 16. Mai 2019

Geschlechter- und Sexualidentifikationen

Mann? Frau? Non-Binär? Hetero? Homo? Trans? Inter? Pan? Sapio? Asexuell? Allosexuell?
Begriffe für Geschlechterzuordnungen, oder auch die bewusste Ablehnung einer solchen Zuordnung, sowie für sexuelle Orientierungen finden sich mittlerweile viele.

Diese Vielfalt ist wichtig, denn Geschlecht, genau wie Sexualität funktionieren nicht nach dem Schema entweder-oder, schwarz oder weiß. Es ist gibt mindestens "50 shades of grey" dazwischen und "dazwischen" bedeutet hier nicht, dass es nichts halbes oder ganzes ist.

Eine hinzugewonnene Vielfalt an Zuordnungsmöglichkeiten ( nicht -pflichten!) kann einerseits identitätsfördernd sein und Menschen, die sich im klassisch sozialisierten System zwischen Mann und Frau nicht gesehen fühlen, helfen Worte und Beschreibungen für ihr Dasein und Fühlen zu finden.

Gleichzeitig führt diese Vielfalt aber auch häufig zu Verwirrungen. Eine zu große Komplexität führt oft zu einer Abwehrreaktion bei Menschen, die aufgrund der Nicht-Erfassbarkeit der Vielzahl an möglichen Kategorien dann ablehnend reagieren um sich vor Überforderung zu schützen. Um die Komplexität zu reduzieren, werden dann Pauschalisierungen vorgenommen.

In diesem Artikel wird der Versuch unternommen verschiedene Zuordnungsmöglichkeiten und damit einhergehende sexuelle Herausforderungen, Bedürfnisse und Möglichkeiten klarer zu beleuchten. Dabei erhebt der Artikel keinen Anspruch auf Vollständigkeit, oder alleinige Wahrheit, sondern wünscht sich den offenen Diskurs und die Weiterentwicklung der Inhalte. Die hier dargestellten Inhalte sind eine Mischung aus Sach-Informationen (Studien/ Definitionen) und Erfahrungen von Menschen, mit denen ich mich im Zuge der Recherche für diesen Artikel, sowie im Zuge meiner Arbeit in der Sexualberatung auseinandergesetzt habe.

Wir versuchen zunächst ein paar Begrifflichkeiten zu klären, dabei sei nochmals ausdrücklich betont, dass eine Zuordnung in eine dieser Kategorien immer optional ist und keine Verpflichtung. Es gibt keinerlei Zuordnungzwang oder Kategorisierungsnotwendigkeit. Alle Erläuterungen sind wertfrei und nicht-hierarchisch zu verstehen.

Wer bin ich? Mann, Frau, beides, gar nichts?
Gender beschreibt auf wissenschaftlicher Ebene das sozial konstruierte Geschlecht . Es geht also nicht darum, was bei der Geburt als biologisches Geschlecht festgelegt worden ist, sondern darum, welche persönlichen Vorstellungen ein Mensch von seiner Geschlechtsidentität hat und von der eigenen Geschlechterrolle.

Cisgender sind Menschen, deren angeborenes und sozial konstruiertes Geschlecht kohärent miteinander sind. Menschen die bei der Geburt als z.B. Frau bezeichnet wurden und sich auch als Frau fühlen und identifizieren können als Cisgender bezeichnet werden. Die Kategorien sind hier Mann und Frau.
Pangender orientierte Menschen, identifizieren sich mit allen Geschlechtern, beziehungsweise drücken aus, aus vielen unterschiedlichen Geschlechtern zusammengesetzt zu sein.
Transgender sind Menschen, deren bei der Geburt bestimmtes Geschlecht und gefühltes Geschlecht nicht miteinander kohärent sind, also z.B. ein Mensch dessen Geschlecht bei der Geburt als männlich bestimmt wurde, sich aber weiblich fühlt. Dabei kann es Transfrauen, Transmänner und Transandrogyne Menschen geben.

  • CAFAB steht für "coercively assigned female at birth”, also “bei Geburt gewaltsam dem weiblichen Geschlecht zugewiesen”. CAMAB steht für “coercively assigned male at birth”, also “bei Geburt dem männlichen Geschlecht gewaltsam zugewiesen”. Beide Begriffe dienen dazu, deutlich zu machen, dass ein Mensch sich nicht mit seinem biologischen Begriff identifiziert.
  • Auch: DFAB / AFAB / FAAB : Die Abkürzung DFAB steht für “designated female at birth”, AFAB für “assigned female at birth”, und FAAB “female assigned at birth”. DMAB / AMAB / MAAB : Die Abkürzung DMAB steht für “designated male at birth”, AMAB für “assigned male at birth”, und MAAB “male assigned at birth”.
  • FtM und MtF sind Abkürzungen, die für "Female to Male" und "Male to Female" stehen und den Prozess der Angleichung in seiner Richtung verdeutlichen sollen.
Transgender sind nicht mit Travestie zu verwechseln , Travestie meint das kleiden und präsentieren als ein anderes Geschlecht, dies kann sowohl als Kostümierung oder auch als Fetisch gemeint sein, bezieht sich aber immer auf einen zeitlich begrenzten Raum in dem die Geschlechteridentifikation performativ gelebt wird. Auch Crossdressing fällt in diesen Bereich des performativen Darstellen einer anderen Geschlechtsidentität.

Als nicht-binär oder non-binary bezeichnen sich Menschen, die sich weder als Mann noch als Frau fühlen, sondern zwischen diesen Identitäten hin und her wechseln. Innerhalb dieser Kategorie der nicht-binären Menschen können Subkategorien vorgenommen werden, um ein noch genaueres Verständnis der eigenen Geschlechterwahrnehmung zu bekommen. Agender oder auch Neutrois sind Menschen, die bei sich das gleichzeitige Abhandensein sowohl männlicher als auch weiblicher Geschlechteridentitäten fühlen. Bigender hingegen fühlen beide Geschlechteridentitäten gleich stark und genderfluide Menschen wechseln im Laufe ihres Lebens durch Phasen unterschiedlicher Gewichtung (mal mehr männliche Identifikation, mal mehr weibliche).
Ein weiterer Begriff für nicht-binär orientierte Menschen ist " Enby ", das Wort kommt aus dem englischen für die Abkürzung "nb" für non-binary. Menschen, die sich selbst als nicht-binär identifizieren benennen sich auch als Enby.

Empfinde ich sexuelle Attraktion? Ja, Nein, nur unter bestimmten Vorraussetzungen?
Alle Menschen, die grundsätzlich sexuelle Attraktion und Anziehung empfinden, können als allosexuell bezeichnet werden.

Menschen, die keine sexuelle Anziehung zu anderen Menschen empfinden können als asexuell bezeichnet werden.
Noch besser schreiben wir A_sexuell und verdeutlichen durch den Unterstrich, dass A_Sexualität ein Spektrum ist. Spektrum meint, dass es z.B. sehr verschiedene Gründe für A-Sexualität geben kann (Zölibat, freie Entscheidung) und auch unterschiedliche Gründe aus denen eine a_sexuelle Person trotzdem Sex hat.
Menschen, die a_sexuell fühlen bezeichnen sich auch als Ace. Ace-Aro meint, dass die Person sowohl a_sexuell als auch a_romantisch fühlt.

Jetzt haben wir zwei Oberkategorien erschaffen, die wieder sehr binär anmuten, nämlich als ob es nur Menschen gäbe, die entweder sexuelle Attraktion empfinden und Sex haben, oder welche die keine sexuelle Attraktion empfinden und/oder auch keinen Sex haben.
Das ist natürlich nicht der Fall. Es gibt eine ganze Reihe weiterer Kategorien, in denen Menschen beispielsweise nur unter sehr bestimmten Vorraussetzungen sexuelle Attraktion empfinden.

Als demisexuell bezeichnen sich Menschen, die sich erst dann auf sexuellen Kontakt mit Menschen einlassen können, wenn eine vertrauensvolle, emotionale und tiefgründige Bindung aufgebaut worden ist. Ohne diese Bindung sprechen viele demisexuell orientierte Menschen auch von A_Sexualität.

Sapiosexuell orientierte Menschen fühlen sich vor allem vom Intellekt einer Person sexuell angezogen und weniger von körperlichen Reizen. Auch diese sexuelle Identität kann teilweise auf dem a_sexuellen Spektrum verortet werden.

Zu wem fühle ich mich hingezogen?
Heterosexuell orientierte Menschen fühlen sich zum gegenteiligen Geschlecht hingezogen.
Homosexuell orientierte Menschen fühlen sich zum gleichen Geschlecht hingezogen. Auch "Same Gender Loving" genannt.
Es ist eine persönliche Frage der inneren Haltung und Einstellung, ob hetero-, und homosexuelle Menschen ihre sexuelle Orientierung von biologischen Geschlechtern abhängig machen, oder auch das sozial konstruierte Geschlecht in ihre Orientierung einbeziehen. So kann es Cisgender Heterosexuelle Menschen geben, die sagen, sich nur zum anderen Geschlecht, dass ebenfalls Cisgender ist hingezogen zu fühlen, wohingegen andere vielleicht sagen, dass es keine Rolle spielt, welchem Geschlecht jemand bei der Geburt zugeordnet wurde und jeder Mensch der sich z.B. als Frau identifiziert auch als Frau wahrgenommen und potentiell ins Raster der eigenen sexuellen Orientierung als Mann fällt.
Im Bereich der Homosexualität gibt es einige lesbische und schwule Präzisionsbegriffe:
  • Dyke - übersetzt in etwa 'Kampflesbe', kann als Schimpfwort, aber auch als positive Selbstbezeichnung verwendet werden.
  • Guydyke - männliche Lesbe, Menschen die sich sowohl als männlich, als auch als lesbisch empfinden.
  • Butch - tendenziell maskuline Geschlechteridentität von lesbischen Frauen, kann auch eine non-binäre Identität sein.
  • Femme - betont weibliche Geschlechteridentifikation (wird häufig dem Begriff Butch gegenübergestellt)
  • Demiboy - nur in Teilen männliche Geschlechtsidentität.
  • Demigirl - nur in Teilen weibliche Geschlechtsidentität.
  • Faggot - übersetzt 'Schwuchtel', kann als Schimpfwort, aber auch als positive Selbstbezeichnung verwendet werden.
  • Girlfag - Menschen, die sich sowohl als Mädchen, als auch als schwul bezeichnen.
  • Tomboy - werden Kinder bezeichnet, die bei der Geburt weiblich zugewiesen wurden, die sich aber insbesondere in ihrem Verhalten, aber auch in ihrer Geschlechterpräsentation , männlich geben und so traditionelle Geschlechternormen aus dem Gleichgewicht bringen.
Bisexuelle Menschen fühlen sich sowohl zu Frauen, als auch zu Männern gleichermaßen hingezogen.
Pansexuell
orientierte Menschen fühlen sich zu Menschen aller Geschlechter hingezogen, dies bezieht sowohl biologische als auch sozial konstruierte Geschlechter eine ebenso wie Menschen, die sich selbst als geschlechtslos ansehen.
Skoliosexuell orientierte Menschen fühlen sich vor allem zu nicht-binären Menschen hingezogen.
Fühlen sich Menschen zu anderen Menschen innerhalb eines Spektrums (also beispielsweise Frauen und nicht binäre Menschen,) hingezogen kann man dies als spectrasexuell bezeichnen.
Autosexuelle Menschen empfinden sexuelle Attraktion vor allem sich selbst gegenüber und weniger im Kontakt mit anderen Menschen.
Quoisexuell sind Menschen, die Schwierigkeiten haben, verschiedene Arten von Anziehung voneinander zu unterscheiden. Für sie sind zum Beispiel sexuelle und platonische Gefühle nicht zu unterscheiden, oder austauschbar. Manche Menschen, die sich als quoisexuell identifizieren, verstehen auch grundsätzlich das Konzept von sexueller Anziehung nicht.

An alle sexuellen Orientierungen kann ein -fluid, oder ein -flexibel angehängt werden. -fluid wird angehängt, wenn zum Ausdruck gebracht werden soll, dass die sexuelle Orientierung nicht feststeht oder sich verändert hat. acefluid ist zum Beispiel eine Person, die sich als a_sexuell identifiziert, manchmal aber auch als etwas anderes. -flexibel als angehängte Silbe bedeutet, dass eine Person sich hauptsächlich einer Kategorie zugehörig fühlt, aber Ausnahmen dafür kennt, und die Kategorie dehnbar ist. Heteroflexibel bedeutet zum Beispiel, dass eine Person sich hauptsächlich als heterosexuell identifiziert, aber in manchen Kontexten auch Ausnahmen für gleichgeschlechtliche Erfahrungen kennt.

Licht im Dunkeln?
Geschlechteridentifikation = Sexuelle Identifikation?
Was ist denn typisch weiblicher oder typisch männlicher Sex?

Sexualität und Geschlecht sind in unseren Köpfen eng miteinander verknüpft und wir verfügen über eine Reihe anerzogener Vorstellungen wie Sexualität und Geschlecht zusammenhängen. So wird beispielsweise Männlichkeit mit Erektion gleichgesetzt, oftmals auch mit penetrativem Sex. Männliche Sexualität wird eher mit Adjektiven wie "rau, brutal, animalisch, hart" versehen, wohingegen weibliche Sexualität eher als "weich, sinnlich, hingebungsvoll" aufgefasst wird. Ich betone, dass diese Adjektive eine allgemeine gesellschaftliche Auffassung und nicht meine persönliche wiedergeben.
Menschen, die sich als Neutrois und non-binär bezeichnen, können mit diesen geschlechtspezifischen Zuordnungen von Sexualität in der Regel nichts anfangen. Und Menschen, die sich tiefergehend mit Sexualität auseinandersetzen wissen, dass sexuelle Identifikationen und Spielweisen so facettenreich sind, dass es sich nicht lohnt sie in typisch weibliche und männliche Kategorien zu stereotypisieren.

Die Geschlechteridentität und sexuelle Identität müssen nicht miteinander übereinstimmen. Ein Mensch kann sich als Frau identifizieren, homosexuell orientiert sein und in der Sexualidentität eher ein männliches Empfinden haben und sich beispielsweise eher mit den oben genannten Attributen für männliche Sexualität identifizieren, oder auch bestimmte Praktiken lieber mit dem männlichen Begriff betiteln wollen (z.B. Blowjob statt Lecken).
Genauso kann sich ein Mann in der Geschlechteridentität als Mann empfinden, in der sexuellen Identität aber ein sehr weibliche Vorstellung haben und eher hingebungsvoll, sinnlich, sanft veranlagt sein, oder auch selbst penetriert werden wollen, statt zu penetrieren (und das muss nicht automatisch mit Homosexualität einhergehen).

Ziemlich platt formuliert: Männer die sich gerne vögeln lassen, müssen nicht schwul sein, Männer, die sich gerne in Frauenkleidung vögeln lassen, müssen nicht trans* und nicht schwul sein. Frauen die sich Strap-Ons anziehen und jemanden vögeln müssen nicht trans* sein, und so weiter.

Sexualität bei Identifikationsproblemen mit dem eigenen Körper

Hiervon können Menschen betroffen sein, deren Geschlechteridentität und Sexualidentität nicht die gleichen sind (als Frau definiertes Geschlecht, männliche Sexualidentifikation) oder aber vor allem Menschen, die transgender sind.
Auch gilt, die Betonung liegt auf " können betroffen sein", nicht alle Menschen, die transgender sind, müssen ein Problem mit dem Ausleben ihrer Sexualität haben (vor, während oder nach angleichender Operation).

Beispiele:
Ich bin Cisgender Frau, fühle mich sexuell aber eher zu einer als männlich attestierten Sexualität hingezogen. Ich bin im Reinen mit meinem Körper, möchte mich aber nicht an meinen weiblichen Genitalien berühren lassen (oder nur in sehr bestimmten Kontexten) und möchte für die Umsetzung meiner sexuellen Fantasien auf einen Penis zurückgreifen, oder für zeitlich begrenzten Rahmen über einen Penis verfügen.

Ich bin Transfrau, mein biologisch attestiertes Geschlecht ist männlich, ich befinde mich aber im Prozess der Angleichung an meine eigentliche Geschlechtsidentität und lebe als Frau. Eine geschlechtsangleichende Operation habe ich noch nicht durchführen lassen. Da ich mich komplett als Frau wahrnehme und als Frau fühle, ekle ich mich vor meinem Penis und möchte diesen weder anfassen noch anfassen lassen. Dadurch wird sexuelle Stimulation für mich schwierig.

Es kann also aus sehr unterschiedlichen Gründen sein, dass ich mein biologisches Geschlecht nicht in meine sexuelle Praxis integrieren möchte, oder für begrenzte Zeiträume ablegen, oder ändern möchte.
Im Bereich Transgender kann ein weiterer Faktor, neben der Identifikation mit den vorhanden Geschlechtsteilen sein, dass unter einer hormonellen Therapie Veränderungen in der sexuellen Funktion auftreten können. So kann z.B. unter Gabe von weiblichen Geschlechtshormonen für MtF Menschen die Erektionsfähigkeit des Penis stark eingeschränkt oder gar nicht mehr vorhanden sein. Unter Gabe von männlichen Geschlechtshormonen für FtM Menschen kann die Klitoris bereits stark vergrößert sein.

Möglichkeiten:


von Victoria Fushicho 29 Mai, 2024
Jörg und ich waren über Pfingsten zu Gast im Karada House in Berlin und Teilnehmende, bei dem dort stattgefundenen Semenawa Workshop, welcher von Naoko und ihren Modellen gehalten wurde. Das Karada House ist ein von mehreren Personen geführter queerer Ort für LGBTQIA+ Personen und anderen Menschen marginalisierter Gruppen. Sowohl Jörg als auch ich, verarbeiten dieses Wochenende noch immer, sowohl inhaltlich als auch emotional. Dennoch möchte ich meine Erfahrungen und die durch das Wochenende angestoßenen Gedanken mit euch teilen. Dieser Eintrag widmet sich allein den Eindrücken, welche ich im Space von Karada House gemacht habe und weniger dem Workshop oder den Inhalten. Vor jedem Workshop den wir besuchen, verspüre ich immer eine Aufregung und auch eine Art Unsicherheit, bezüglich der Tage die auf mich zukommen, der Menschen welchen ich begegne und letztlich auch ob ich als Modell „gut durchhalte"- was auch immer gut durchhalten bedeutet. Dieses Mal war ich nicht weniger aufgeregt, doch meine Unsicherheiten waren nebst den bekannten auch andere; bin ich achtsam genug, bin ich überhaupt queer oder marginalisiert genug dort zu sein, was, wenn ich versehentlich Menschen falsch lese oder misgendere…ihr könnt es euch vorstellen, mein Stressball war auf Anschlag. Kleiner Einschub, ich habe eine Person misgendert, mich korrigiert und mich bei der Person entschuldigt- Fehler passieren- das ist nicht das Ende der Welt, unser Umgang in so einer Situation entscheidet allerdings ob sich die betroffene Person mit uns sicher fühlt oder nicht. Ich habe das Karada House als offenen, gemeinschaftlichen Ort erlebt, indem ich mich eingeladen fühlte einfach sein zu können und was ich mitzubringen hatte vollkommen ausreichend war. Ein Ort des Austausches, des Wohlwollens, weg von Konkurrenz und einer Instagram/ „wir fesseln nur für Fotos" Mentalität. Einen Ort an dem sich die Menschen nacheinander in den Pausen erkundigten. „Was ist dein Bedürfnis? Brauchst du was? Hast du genug gegessen/ getrunken? Möchtest du dich zurückziehen?“ Noch nie habe ich einen Space besucht, welcher so divers war, wie dieser- schön und auch schade zugleich. Das soll keine Lobhudelei darauf werden wie toll alles war, durchaus gab es Dinge, die ich persönlich anders machen würde, dennoch hat sich mein Aufenthalt sicher für mich angefühlt- ich war durchaus oft von den Eindrücken überfordert, aber ich habe mich sicher und für dieses Wochenende, als Teil einer Community gefühlt. Keinesfalls möchte ich andere Spaces oder Veranstaltungen herabsetzen, dennoch wirft dieses Wochenende in Berlin unweigerlich die Frage danach auf, was mir in anderen Spaces und Veranstaltungen gefehlt hat?! Welche Verantwortung haben wir als Veranstaltende, wenn es darum geht den organsierten Workshop und oder den Space sicherer zu machen? Wie werden Menschen einbezogen, eingeladen, angesprochen? Werden sie überhaupt inkludiert? Ein Space, ein Workshop oder eine Veranstaltung werden nicht sicherer, weil man sich ein Label aufgeklebt hat, Communities entstehen nicht einfach von alleine, weil Menschen mit einer gemeinsamen Leidenschaft zusammenkommen und es fühlen sich auch nicht alle Menschen angesprochen weil auf einer Homepage die Floskel „hier sind alle willkommen* steht - dazu fällt mir ein Zitat ein, ich weiß leider nicht mehr von wem „werden Menschen nicht aktiv einbezogen, werden sie passiv ausgeschlossen...* Mir ist durchaus auch klar, dass Vielfalt etwas ist, welches sich natürlich entwickeln muss und die Diversität in Spaces hängt nicht selten von der jeweiligen Verortung ab. Doch, einen Space zu eröffnen, Workshops zu hosten, Veranstaltungen zu organisieren, ist ein wichtiger Anteil innerhalb der Szene, dem Macht und vor allem Verantwortung innewohnt. Wir bereiten die Basis dafür, dass sich Menschen bei uns wohl, geschützt und gesehen fühlen. Wir haben Einfluss darauf wer Zutritt erhält, wie mit Konflikten umgegangen wird und ob und wie Konsequenzen bei Missachtung oder Fehlverhalten resultieren. Und wir sollten mit gutem Beispiel voran gehen, einen Werte und Ethik Kompass zu etablieren, an dem sich andere orientieren können und den wir ungeachtet freundschaftlicher Beziehungen zu anderen innerhalb der Szene auch einhalten. Ich werde von den Eindrücken dieses Wochenendes noch eine Weile zehren, fand viel Bestätigung in unserer eigenen Art einen Space zu führen und konnte positive Dinge für uns mitnehmen. Solltet ihr mit dem Gedanken spielen, dass Karada House einmal zu besuchen/ einen Workshop dort zu besuchen, TUT ES.
von Fushicho 15 Jan., 2024
Basic Infos für alle Menschen, die mit dem Fesseln beginnen von Seilmaterialien über Verletzungspotentiale und Konsens Kultur.
von Lecia Fushicho 11 Nov., 2023
Muganawa - Vollkommen präsent im Moment sein und ohne Ziel und ohne festes Bild fesseln
von Fushicho 27 Juni, 2023
Zu alt, zu arm, zu queer, nicht queer genug – auch wenn Lesben, Schwule, bisexuelle, trans* oder inter* Menschen unter sich sind, fühlen sich nicht alle gleichermaßen willkommen und respektiert. Victoria spricht in diesem Podcast über ihre Erfahrungen innerhalb der queren Community, über schwarz sein und Tokenism, über Pansexualität und Sexualisiert werden, über Polyamorie und Slut-Shaming. Über White Passing und darüber, dass Schwarz keine Farbe ist. Vor allem aber darüber, dass ALLE Menschen lernen sollten einander zuzuhören, in einen echten Dialog miteinander zu gehen, voneinander zu lernen, übereinander zu lernen und niemand jemals "perfekt anti-diskriminierend" sein wird.
von Fushicho 07 Feb., 2023
Mit anderen Frauen Sex haben ist völlig okay, aber mit einem anderen Penis nicht? Warum das ziemlich unlogisch ist erklären wir dir hier im Beitrag zur One Penis Policy.
von Fushicho 07 Feb., 2023
Was macht Sexualität aus und was macht Intimität aus? Oftmals wird in einer Beziehung vorausgesetzt, das klar ist wie der gemeinsame Sex oder die gemeinsame Intimität aussehen. Meistens lohnt es sich darüber zu sprechen!
von Fushicho 07 Feb., 2023
Eifersucht in offener oder polyamorer Beziehung ist ganz normal. Sie ist ein Gefühl wie jedes andere auch und möchte dir etwas über deine Ängste und Bedürfnisse mitteilen.
von Fushicho / Sexualberatung 27 Jan., 2022
Theoretisch haben wir alle in der Schule gelernt, dass es sexuell übertragbare Krankheiten gibt, welche das sind und wie man sich schützen kann. Ja. Theoretisch. Mehrheitlich waren diese Unterrichts-Situationen doch eher unangenehm, man war froh, wenn das Thema durch war und dachte sich: 1.) Wird mir schon nicht passieren ich bin ja informiert 2.) Wenn ich darauf achte Kondome zu nutzen, geht es schon gut 3.) Das betrifft ja nur Leute, die rumhuren Zu 1.: Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) hat 2016 die " Strategie zur Eindämmung von HIV, Hepatitis B und C und anderen sexuell übertragbaren Infektionen “ vorgestellt. Im Rahmen dieser Strategie wurde eine Umfrage zu Gesundheit und Sexualität in Deutschland (GeSiD) unter knapp 5.000 Teilnehmern zwischen 18 und 75 Jahren durchgeführt. Ein Teil dieser Studie beschäftigt sich mit der Bekanntheit verschiedener sexuell übertragbaren Infektionen. HIV/AIDS war mit Abstand die bekannteste STI (71 Prozent). Danach folgt mit knapp 40 Prozent Gonorrhö (auch Tripper genannt) und mit gut 30 Prozent Syphilis. Etwa jedem zehnten Deutschen sind Chlamydien, Genitalherpes und Hepatitis B als Geschlechtskrankheiten geläufig. Seltener wurden Genitalwarzen, Filzläuse und Trichomonaden genannt. Vergleichen wir diese Ergebnisse mit den häufigsten Geschlechtskrankheiten Deutschlands: Chlamydien Trichomonas vaginalis Gonokokken /Gonorrhö (Tripper) Sowohl Chalmydien, als auch die Trichomonaden sind nur mindestens jedem zehnten Deutschen geläufig. Das ist ein Missverhältnis zwischen Häufigkeit und Bekanntheit. Zu 2.: Kondome schützen sicherlich vor vielen sexuell übertragbaren Krankheiten. Allerdings können die Erreger auch über den Mund und die Hände übertragen werden, wenn diese Kontakt mit Genitalien haben. Der Blowjob gehört zu den zweit-beliebtesten Sexualpraktiken, wird aber nur in sehr seltenen Fällen mit einem Kondom praktiziert. Dass es für Oralsex an der Frau auch "Kondome" gibt, sogenannte Lecktücher (alternativ funktionieren auch aufgeschnittene Gummihandschuhe/ Frischhaltefolie) ist nur wenigen bekannt. Sich alleinig auf das Verwenden von Kondomen bei penetrativem Sex zu verlassen ist also keine gute Idee. Zu 3.: Das ist eine extrem Vorurteils-Behaftete Vorstellung. Geschlechtskrankheiten haben nichts damit zu tun "rumzuhuren" und dieser Begriff assoziiert, dass Huren (SexarbeiterINNEN, Prostituierte) grundsätzlich "schmutzig" und mit einem Risiko sich zu infizieren versehen wären. Das ist ein Stigma. Und es entspricht keiner Realität. Jeder Mensch, der Sex hat, kann sich auch mit einer sexuell übertragbaren Krankheit infizieren. Punkt. That's it. Genauso, wie jeder Mensch eine Magen-Darm-Grippe, oder eine Erkältung bekommen kann. Viren/Bakterien machen uns krank. Und in der Regel ist das ganze behandelbar. Wir sollten also dringend normalisieren, dass sexuell übertragbare Krankheiten weder selten, noch schmutzig, noch Zeichen von "Rumhurerei" sind.
von Fushicho / Paarberatung 23 Jan., 2022
Ein häufiges Thema in meinen Beratungen ist, dass Paare berichten die verschiedenen Ebenen, die sie miteinander teilen, also zum Beispiel Eltern sein, Liebende sein, Sexualpartner sein nicht zufriedenstellend leben können. Oft dominiert vor allem eine funktionale Ebene und andere sinnlichere Ebenen geraten in den Hintergrund, es entsteht ein Mangelgefühl und eventuell auch Frustration. Letztere vor allem dann häufig, wenn die sexuelle Ebene nicht mehr so präsent ist. Besonders eine BDSM-Ebene geht im Beziehungsalltag schnell unter. Irgendwie erscheint nie der richtige Zeitpunkt oder Kontext, um jetzt in die Rollen des Dominanten/ Submissiven zu schlüpfen. Hier empfehle ich Paaren oft, Rituale zu schaffen, die ihnen ermöglichen ihr individuelles Machtverhältnis zu spüren und erleben. Sei es das Anlegen eines Schmuckstückes, das Anleinen zur Nacht, die Servier-Reihenfolge beim Abendessen, ein Kaffee der gebracht wird, ein Knien Abends vor dem zu Bett gehen, und viel mehr was möglich wäre. Solche Rituale lassen sich i.d.R. in den Alltag einbauen und schaffen so Raum sich auch Abseits einer funktionalen Rolle zu erfahren. Hilfreich kann außerdem sein, zunächst einmal im Rahmen der Beratung auseinander zu dividieren, welche unterschiedlichen Rollen jeder jeweils überhaupt inne hat, was diese Rollen ausmacht und - im nächsten Schritt aber auch: Wie malt sich der Rolleninhaber diese Rolle aus, welche Rollenerwartungen werden aber auch an ihn gestellt. 

Dieser Abgleich von eigener Rollenvorstellung und den Rollenerwartungen des Partners führt meistens zu einem besseren Verständnis zwischen den Paaren und einer Erkenntnis, woher Konflikt-, und Streit-Dynamiken rühren. Im Anschluss daran lassen sich sowohl Wünsche und Bedürfnisse der Partner, als auch passende Situationen für die jeweiligen Rollen formulieren.
von Fushicho 19 Okt., 2021
Seit über 10 Jahren bin ich in der Welt des BDSM aktiv und habe die unterschiedlichsten Facetten dieser schillernden Welt bewundert, bestaunt, betrachtet und für mich entschieden, was ich davon toll oder persönlich nicht so toll finde. Und seit ein paar Jahren nutze ich dieses Wissen auch in meiner Arbeit, sei es als Fessel-Lehrerin oder als Sexual Coach. Ich finde es persönlich sehr wichtig, als Coach in diesem Bereich nicht nur theoretisches Wissen zu haben, sondern auch Selbsterfahrung. Und wenn ich eine Sache sicher weiß, dann dass man nie auslernt, denn Sexualität verändert sich - im Lauf des Lebens, des Alterns, abhängig von Partnern und Lebensumständen. Als ich mich entschied mit meinem Partner am Workshop "Feuer" von Kristina Marlen teilzunehmen, wusste ich nur zwei Dinge: 1.) Kristina Marlen ist eine von mir vielfach bewunderte Frau und allein deshalb wird sich lohnen von ihr zu lernen 2.) Es würde mein erstes Mal in der Rolle der Teilnehmerin werden und ich war ziemlich nervös Und dann gab es auch noch eine dritte Ebene, die aber vor allem eine rein hypothetische Meta-Ebene war, nämlich die, wie mein Partner und ich wohl in der Semi-Öffentlichkeit funktionieren würden. Immerhin ist es ein ziemlich großer Unterschied, privat zu Hause in die Welt des BDSM einzutauchen, oder vor anderen - bis dato fremden - Menschen miteinander in ein intensives Spiel zu gehen. Oder sogar mit anderen? Und was wäre, wenn ich meinen Partner, den ich bisher als sehr souverän und authentisch empfand plötzlich als unsicher erlebe? Klar, das ist menschlich, aber würden wir auch damit umgehen können innerhalb unseres D/s Verhältnis und während wir gerade in einer komplett neuen Situation sind, die uns potentiell beide verunsichert? Und ist es eigentlich sinnvoll in einer so frischen Beziehung an einem Workshop teilzunehmen? Ich habe beschlossen, all diese Überlegungen für einen Ausflug in den Wald zu schicken und stattdessen einfach offen und frei für jede Erfahrung zu sein die zu mir kommt, denn wenn sie eines immer sicher tun, dann dich selbst weiterbringen. Gerade in der Wahrnehmung der inneren Widerstände, Grenzen und dem Gefühl des Unbehagen liegt sehr viel Kraft zu wachsen, sich selbst besser zu erkennen und sich zu entwickeln. Und so betrat ich Samstag Morgen den Raum und wurde direkt in eine Situation geworfen, die mich vor wenigen Jahren noch in Bedrängnis gebracht hätte. Tanzen am Morgen - einfach so - mit völlig Fremden - Jetzt - auf Knopfdruck. Und alle machten das auch ganz frei und fröhlich, während ich innerlich dachte "Bitte nicht, ich möchte mich setzen, meinen Tee trinken und in meiner Beobachter-Rolle fühle ich mich eigentlich sehr wohl". Ich bin nicht zum mitmachen gezwungen worden, aber die Selbstverständlichkeit und Fröhlichkeit aller Tanzenden hat mich einfach mitgerissen. Aus Tanzen wurde auf dem Boden kriechen, sich fangen, übereinander kriechen, nebeneinander, ein ganzer Haufen kriechender Menschen. Fremder Menschen! ABER ich war auch plötzlich ganz körperlich präsent. Hatte gar nicht mehr das Bedürfnis nach einer Beobachter-Rolle, sondern wurde souverän damit körperlich präsent zu sein, mich körperlich zu zeigen, auszudrücken, ganz ohne Kopf und das war eine ziemlich gute Erfahrung die mich denken ließ "Wow, das ist klug, direkt zu Beginn des Workshops mit allen Unsicherheiten brechen und die Teilnehmer mitreißen in die Körperlichkeit und die Aktivität zu gehen, damit das keine lahme Gruppe wird wo jeder erstmal nur guckt aber nichts macht". Ich muss an dieser Stelle aber auch ergänzen, dass es sich allein deshalb lohnen könnte, das Tanzen mitzumachen, weil Kristina Marlen ganz sicher die Königin des Körper-Ausdrucks ist und ich bereits vor JAHREN, als ich sie das erste Mal auf einer EURIX (European Rigger Exchange - Festival in Berlin) wahrnahm beeindruckt und ein bisschen angeturnt war, wie gut sie sich bewegt und wie sehr ihr Körper spricht, ganze große Geschichten werden da erzählt. Im weiteres Tagesverlauf beschäftigten wir uns mit Grenzen, vor allem damit, dass Grenzen nicht nur etwas mit Nein-Sagen zu tun haben, sondern vor allem auch mit Ja-Sagen! Es reicht nicht aus, bloß zu wissen was man alles nicht will, es ist ebenso wichtig enthusiastisch sagen zu können, was man ganz unbedingt will. Diese Übung habe ich am meisten gemocht, denn es ist ein allgemeines Problem, dass nicht nur Stellenwert in der Sexualität hat, dass Menschen sehr oft nicht wissen, was sie wirklich wollen, was ihre Herzen begehren, wozu sie im Leben AKTIV Ja sagen wollen. Die Übung war wichtig, um Grenzbewusstsein und Achtsamkeit im Umgang damit bei allen Teilnehmern nochmal zu schärfen, gleichwohl die Gruppe von Beginn an sehr achtsam auftrat. In einer anderen Übung lernten wir unsere Hände als vielfältige Schlaginstrumente kennen und da war ich persönlich überrascht auf wie viele Arten ich Schlagwerkzeuge mit meinen Händen imitieren kann. Der Tag endete mit einem - bewusst sportlich gehaltenen - Zirkeltraining, mehreren Stationen mit thematisch sortierten BDSM-Elementen (Flogging / Caning / Wachs / Fixierung) die man zu zweit ausprobieren konnte, um für sich rauszufinden, was einem Lust bereitet und was nicht. Für diese Übung wurde sehr viel Zeit eingeräumt, was ich sehr angenehm fand. Wo mein Partner und Ich am Vormittag die Chance genutzt hatten uns auch mit anderen Menschen auszuprobieren (denn wir waren das einzige Paar, dass mit bestehender D/s Konstellation in den Workshop kam) und diese Chance auch sehr genossen haben, denn man lernt mehr, wenn man aus Mustern ausbricht und neue Dinge mit unbekannten Menschen vorsichtig und langsam ausprobiert, haben wir das Zirkeltraining gemeinsam gemacht. Denn es sollte uns in unserer Beziehung Aufschluss darüber geben, was wir miteinander intensiver ausprobieren wollen. UND ich persönlich hätte mir gar nicht vorstellen können in eine - teilweise mit Schmerz verbundene - Intensität mit anderen Menschen zu gehen, in mir wäre es nur zu Abwehrreaktion gekommen, was einerseits daran liegt, dass ich nicht masochistisch bin (der Schmerz selber löst in mir keine Lust aus - nie / einzig und allein dass ich das FÜR jemanden aushalten möchte/muss, dass jemand mich dazu zwingt, usw. bereiten mir Lust) und andererseits daran, dass ich - wie ganz viele Menschen - auch traumatische Anteile in mir habe, die es mir schwer machen, in eine solche körperliche Intensität mit Fremden zu gehen. Das war aber völlig unproblematisch, dass wir dort dann als Paar interagiert haben und für uns super aufschlussreich im Labor-Modus zig Spielzeuge auszuprobieren und zu bewerten. Kristina Marlen und ihr* Partner* waren die ganze Zeit über präsent, in ruhiger, zulassender, Raum gebender Art und Weise. Jederzeit ansprechbar, aber nie aufdrängend. In den Demonstrationen - die wirklich schwierig für Workshopleiter sind, denn ad hoc mit seinem Partner in eine intime Situation switchen und währenddessen einem Kurs auch noch etwas erklären, ohne die Aufsichts-, und Fürsorgepflicht gegenüber dem Partner zu vernachlässigen ist schwer - waren beide so wunderbar echt, nahbar, witzig und das tat gut, denn BDSM muss wirklich nicht so ernst sein, es ist auch nur eine Facette der Sexualität, bei der man lachen und Spaß haben darf. Die Stimmung im Raum war leicht, annehmend, frei, sexpositiv, neugierig, geschwängert von "Ah's" und "Oh's" und fiependen und stöhnenden Lauten. Ein ganz wunderbarer Raum! Mein Abend setzte sich intensiv fort, denn der Tag war so anregend, dass mein Partner und Ich zwar müde und körperlich erschöpft waren, aber dennoch nicht davon abgehalten werden konnten, noch eine sehr intensive Session miteinander zu teilen. Tag zwei begann erneut mit Tanzen und aufwärmen (ich hatte mich nun schon damit angefreundet, ein schneller Prozess :-) ) um sich dann den Techniken des Floggings zu widmen. In unterschiedliche Teil-Übungen aufgedröselt bekam jeder Teilnehmer die Möglichkeit sich an beiden Enden des Floggers zu erleben. Ein theoretischer Vortrag zu Pain-Processing und sich daran anschließende Mikro-Übungen zur körperlichen Erfahrung vervollständigten die Toolbox um dann nach der Mittagspause gerüstet zu sein, für eine "richtige" Session. Alle Workshop-Teilnehmer zogen sich sexy Klamotten an (wobei ich kritisch anmerken müsste, dass die Männer da sehr viel Luft nach oben hatten, diese blieben nämlich mehrheitlich im Sport-Outfit *zwinker*) und richteten sich Session-Plätze ein mit ihren Wunsch-Tools, die sie verstärkt ausprobieren und einsetzen wollten. Der dominante Part, war jetzt in völliger Service-Rolle, es sollte nicht darum gehen, dass der dominante Part seine Fantasien durchsetzt, sondern den empfangenen Part damit beschenkt, dessen Fantasien zu bedienen. Der Raum füllte sich wieder mit Wärme, Stöhnen, den Geräuschen der Peitschen und Paddle und ich selber driftete mit meinem Partner in eine sehr tiefe, sehr ergreifende Session, in der wir vor allem lernten, dass wir auch komplizierte Flugmanöver, kurzentschlossenes Umlenken bei Gefahr des Flugzeugabsturzes, Steilstart und Segelfliegen beherrschen. Ich belasse es an dieser Stelle metaphorisch, aber es war eine gute Erfahrung zu spüren: Wir vertrauen einander so sehr, dass wir hier ganz öffentlich miteinander in eine Edgeplay-Session gehen, wir können Unsicherheiten gemeinsam aushalten, wir können beide auch innerhalb einer Session für uns selber einstehen und uns mitteilen (das war für mich neu, dass ich auch völlig weg gespacet kurz auftauchen und mich klar artikulieren kann, was ich brauche oder wo mein Problem liegt, um dann wieder abzutauchen) und wir wollen das vor allem beide ganz aus unseren Herzen heraus, ganz aus uns selbst heraus motiviert. Ich bin - beyond words - dankbar für diese tolle Erfahrung. Kristina Marlen wird jetzt auf noch viel mehr Arten und Weisen von mir bewundert, gleichzeitig habe ich aber auch auf Augenhöhe sehen können, wie ähnlich unsere Ziele und Visionen oft sind, war dankbar als halbe Kollegin trotzdem ganz privat in diesem Kurs sein zu dürfen (und nein, das ist leider nicht selbstverständlich, dass es unter Kollegen ohne Umstände möglich ist in deren Didaktiken und Ansätze reinzuhören/ reinzuprobieren). Ich habe - und das war mir aber vorher aufgrund meiner eigenen Expertise klar - persönlich nichts Neues über BDSM Tools und Plays gelernt (sehr wohl aber Einzelheiten, wie den Einsatz der Hände als Schlagwerkzeug), aber ich habe sehr viel Neues über mich, meine Wünsche im Play mit meinem jetzigen Partner, meine Möglichkeiten und Grenzen gelernt und vor allem habe ich gelernt, dass ich im Verlauf der letzten Jahre sehr bei mir selbst und meiner Sexualität angekommen bin und sehr gut für mich einstehen und sorgen kann. Eine wertvolle Spiegelung die ich mitnehmen darf. Obwohl ich also nicht die primäre Zielgruppe dieses Workshops war, war er sehr bereichernd für mich. DANKE! An Kristina Marlen, Partner*, ihr Team, die Workshop-Teilnehmer, meinen Partner und auch an mich selbst. Mehr zu Kristina Marlen: https://www.marlen.me (Das Bild stammt auch von ihrer Homepage)
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