Färben von Juteseilen (von Leathan)
Oftmals werden wir bei uns im TIE gefragt, wie wir unsere schönen farbigen Seile so gut hinbekommen, was die Vor- und Nachteile der verschiedenen Methoden sind und ob bei gefärbten Seilen etwas besonderes zu beachten ist. Wir haben beschlossen, endlich unsere Erfahrungen in einem ausführlichen Post im Joyclub zusammenzufassen, den wir hier auch auf euren Wunsch gerne mit euch teilen.
Materialien
Zunächst einmal muss unterschieden werden zwischen echten Juteseilen und Hanfseilen. Hanfseile und Hanfleinenseile lassen sich prinzipiell viel leichter färben als Jute.
Aber auch bei den Juteseilen gibt es unterschiede in Qualität und Machart des Rohmaterials. Prinzipiell ist richtig, dass ganz lose Juteseile schwer zu färben sind, da sie dazu neigen nochmals loser zu werden. Mit einer guten Färbetechnik ist das aber nicht unmöglich. Lediglich sehr fest gedrehte Juteseile lassen sich nicht bis in den Kern durchfärben, da die äußeren fest aufgequollenen Fasern das Eindringen der Farbe ins Innere verhindern.
Weiter unterscheidet man zwischen den robusteren Double-Ply und den oft feineren Single-Ply Seilen. Beide lassen sich färben, bei Single-Ply-Seilen muss aber beim Trocknen höhere Vorsicht verwendet werden. Die Qualität des Garns und der Faser entscheidet beim Quellen unter Wassereinfluss in hohem Maß, wie stark sich das Seil deformiert und wie sehr es lose wird. Auch hochwertigem Garn gesponnene Seile quellen dabei am wenigsten und deformieren sich am wenigsten.
Günstige industrielle Seile, welche mit JBO (Jute Batching Oil, benzinartig riechend und sehr ungesund) im Garn oder Seil behandelt wurden nehmen oftmals die Farbe schlechter an als trocken versponnene JBO-freie Seile.
Ganz zuletzt spielt noch eine Farbe des Seils eine Rolle beim Endergebnis, da man mit helleren Juteseilen kräftigere Farben erreichen kann als mit goldenen oder grau-grünlichen.
Farbe
Prinzipiell gibt es verschiedene Sorten von Farben, die sich dadurch unterscheiden, ob sie in höherem Maß mit der Faser reagieren oder sich auf die Oberfläche legen. Das bestimmt auch mit, wie tief die Farbe ins Seil eindringt und wie brilliant das Farbergebnis wird.
Für die Sicherheit am wichtigsten ist, dass die Farbe keine Säure, Bleichmittel oder sonstigen Zusatzstoffe enthält, welche die Jutefaser angreifen. Das klassische Beispiel hierfür ist die Simplicol-Flüssigfarbe, die zwar (mit Säure und Bleichmittel im Inhalt) großartige Farben auf Jute liefert, das Seil aber spröde und schwach macht. Finger weg von allen solchen Farben, auch bei Hanf, welcher Säure und Bleiche zwar etwas besser verträgt, aber trotzdem leidet! Ich habe solche Seile mehrfach reißen sehen, die schlecht gefärbt wurden.
Andere Farben wiederum binden nicht an Jute und liefern fade und bleiche Ergebnisse. Mit so was kann man zwar Hanf versuchen zu färben, Jute aber nicht.
Doch was ist die richtige Farbe? Für Juteseile sind ganz klar Farbpigmente aus dem Kostümbedarf zu empfehlen, welche in hochkonzentrierten Döschen oder Tütchen ohne Säure oder Bleichmittel verackt sind. Oftmals muss man lediglich etwas Salz zugeben, aber keine sonstigen Zusatzstoffe.
Färben
Nach der Wahl der richtigen Farbe für das jeweilige Seil kommt es nun auf die Methode des Färbens an. Vor dem Färben müssen nahezu alle Juteseile vorbereitet werden, damit sie ihre Drehung während des Prozesses nicht zu stark verlieren. Dazu werden die Seile in Bündel, Rollen oder Zöpfe gebunden, so dass sie sich weder zu stark verknoten noch beim Quellen aufdrehen können und später wieder in ihre natürliche Drehung des trockenen Zustands zurücktrocknen können. Hier gilt dir Regel: Einem Juteseil darf während des Gesamten Vorgangs nicht erlaubt werden, seine Drehung aufzugeben.
Prinzipiell gibt es nun zwei Methoden: die Handwaschmethode und die Waschmaschinenmethode. Erste ist für Menschen mit mehr Zeit und insbesondere für losere Singly-Ply-Seile zu empfehlen. Wählt man die Handwaschmethode, so kann man auch Stück für Stück per Hand die Seile öffnen, um die Farbe ins Innere Eindringen zu lassen. Die Waschmaschinenmethode ist besonders für robuste Juteseile zeitsparender.
In jedem Fall wird zunächst mit heißem Wasser gefärbt. Das sollte nicht zu kurz sein, und nach Anleitung des Herstellers geschehen. Danach wird das Seil mehrfach ausgespült, wobei eine mittlere Temperatur zwischen Zimmertemperatur und der Färbetemperatur gewählt wird. Waschmittel darf nicht hinzugegeben werden, das entfernt noch mehr der sowieso schon beim Waschen tweilweise verlorenen natürlichen Öle und Pflanzenkleber.
Trocknen
Noch wichtiger als das eigentliche Färben ist für die Qualität des Ergebnisses bei Juteseilen das Trocknen. Hanfseile muss man je nach Sorte nicht zwangsläufig unter Spannung trocknen, bei Jute ist das aber unumgänglich, wenn man nicht die von vielen geschätzte Eigenspannung des Seils aufgeben möchte. Das hat damit zu tun, dass Jute als holzige Faser ähnlich wie ein hölzernes Werkstück mit heißem Wasser dauerhaft gebogen werden kann.
Also spannt man die mit dem Handtuch vorläufig abgezogenen Juteseile unter Spannung in den Trockenraum und sorgt dafür, dass sie beim Trocknen und länger werden Schritt für Schritt nachgespannt werden. Auch hier gilt: das Juteseil darf während des gesamten Vorgangs sich nicht ausdrehen dürfen, erst ganz am Ende nach dem Trocknen. Auch wenn die Oberfläche des Seils schon trocken ist dauert es trotzdem noch viele Stunden, bis das Seil bis ins Innere durchgetrocknet ist. Beim Trocknen unter Spannung wird das aufgequollene Seil auch wieder wesentlich dünner.
Stellt man fest, dass ein Seil trotz sorgfältiger Behandlung entweder dick und unförmig bleibt oder kleine Schlaufen zieht, so braucht man besseres Rohmaterial.
Tragfähigkeit
Zunächst mal die gute Nachricht: Weniger fest gedrehte und eingearbeitete Seile sind tendenziell tragfähiger als sehr fest gedrehte, neue Seile. Das liegt einerseits an der physikalischen Krüftemultiplikation und andererseits am Ausgleichen der Faserspannungen im Seil.
Dennoch verliert ein Juteseil oft beim Bearbeiten, damit Arbeiten und Färben an Stärke. Sofern aber die Vorsichtshinweise oben angewandt wurden, das heißt sorgfältiges Färben und Trocknen ohne Nutzung agressiver Farben, so sollte sich dies in Grenzen halten.
Ein Grund für das schwächer werden der Seile ist, dass immer auch Pflanzenkleber und (natürliche und unnatürliche) Weichmacher und Öle aus der Jute verloren gehen. Das Seil wird leichter. Prinzipiell schadet das aber erstmal nicht viel, da die Jute sozusagen "aufs wesentliche reduziert" wird.
Der Hauptgrund für die Geschichten über reißende Seile ist ein bekanntes Seil, welches in manchen Chargen mit agressiver Farbe gefärbt wurde und nicht unter Spannung getrocknet. Dazu betrachtet dass dieses Seil nur 4,5 bis 5 mm dick war ist es kein großes Wunder, dass gelegentlich (normal schwere europäische) Models von der Decke fielen.
Noch eine letzte Anmerkung zu Tragfähigkeit: Ein großer Teil davon ist Technik und Umgang mit dem Seil. Lernt saubere Fesseltechnik, dann werden eure Seile auch nicht so belastet. Und bearbeitet die Oberfläche eurer Seile leicht, so dass sie immer schön fließen anstatt zu ruckeln.
Gefärbte Angebote
Nach all dieser Lektüre mag es für viele verlockend erscheinen, fertig gefärbte Seile zu kaufen. Hier ist aber Vorsicht geboten, denn die wenigsten wirtshaftlich orientierten Shops verkaufen Seile, die nach den obigen Methoden und mit schonenden farben gefärbt wurden.
Entscheidet man sich doch für ein gefärbtes Seil, hier ein kleiner Guide zu fairen Preisen. Mal wieder mache ich mich unbeliebt...
Juteseile kosten im Einkauf roh zwischen 2 Euro pro Seil (Europäische Standardware) und 14 Euro pro Seil (hochwertigste japanische Seile). Hanfseile kosten zwischen 1 Euro pro Seil (Geruch und Fusseligkeit) und 4 Euro pro Seil (hochwertiges Hanfleinen). Für das Färben ist ein fairer Arbeits-Preis etwa 4 € (Hanfseile) bis 7 € (hochwertigste Juteseile) pro Seil. Für echte Behandlung mit Öl und Wachs rechnet ca. 3-5 Euro. Hanfseile darf man nicht wachsen. Fesselfertig heißt noch lange nicht bearbeitet.
Am Schluss sage ich aber immer: ein gutes Seil ist mehr Wert als 10 schlechte. Somit ist die hochwertige Arbeit einiger weniger mir bekannter Hersteller auf jeden Fall auch einen guten Preis wert.
Liebe Grüße,
Leathan