Zunächst vorab:
Wir verwenden hier die Begriffe TK/Gote synonym, obwohl wir wissen, dass es einen definitorischen Unterschied zwischen Takate Kote und Gote gibt.
Wir verwenden sie hier synonym, weil für unsere Ausgangsbetrachtung zunächst einmal irrelevant ist, ob es sich bei der verwendeten Fesselung um eine TK oder Gote handelt, ebenfalls ist zunächst irrelevant um welchen Fessel-Stil es sich handelt.
Wir machen in unserer Lehrtätigkeit häufig die Erfahrung, dass manche Fesseltechniken (Pattern) von Schülern in ihrem Lernaufwand unterschätzt werden. Auch dann, wenn man mehrfach darauf hinweist, dass es erforderlich ist viel zu üben. Vor allem TK/Gote und hier besonders die scheinbar 'simple' Form der TK2 (Eigenname für eine Version die lediglich aus Ober-, und Untebrrustlage besteht).
Viele Menschen denken, dass es keine große Kunst sein kann, zwei Wicklungen um den Oberkörper zu legen und eine davon mit Sicherungen abzufangen.
Die Wahrheit sieht anders aus, nämlich dass man TK/Gote lebenslang studieren und verbessern kann. Dass es für jede Suspension eine andere TK/Gote gibt die besonders geeignet ist, dass man jede TK/Gote an das Model individuell anpassen muss (minimum in Bezug auf Placement und Tension). Nicht nur, dass auch alle Großmeister und Profis ihre TK/Gote ständig adaptieren, es werden auch immer neue Figuren und Suspensions erfunden, die jedes Mal neue Anforderungen an TK/Gote mitbringen.
Es ist keine Geldmacherei, wenn Lehrer sagen, dass man TK/Gote als Schüler intensiv, lange und ausdauernd konsequent studieren sollte. Und insbesondere dieses Pattern kann man keinesfalls mit Büchern oder Videos lernen, beide können nur ergänzend zur Wiederholung von Unterrichtsinhalten die man bei einem Lehrer lernte dienen.
Man kann TK/Gote auch nicht auf einem Fesseltreffen mal eben gezeigt bekommen oder in einem 2 Stunden Crash-Kurs vor einem Event lernen. Und bitte bitte kann man schon gar nicht, direkt nachdem man dann TK/Gote kann in die ersten Suspensions starten, denn man kann überhaupt noch nicht einschätzen, wie und wo die TK/Gote in welche Lage wie stark belastet wird, man hat keine Routine.
Es ist ein aufrichtiger ehrlicher Hinweis, mit dem wir es gut mit euch meinen, wenn wir sagen: Hier empfiehlt sich wirklich ein Lehrer und wirklich ein andauernder Lernprozess. Und hier geht es nicht darum zwingend Perfektion zu erlangen oder eine perfekte Kopie einer Schulen-Vorgabe zu fesseln. Nein - jeder hat andere Intentionen und Vorbilder, wir wollen Dogmen mal außen vor lassen, aber in einem sind sich alle einig: SICHER sollte das sein, was man da fesselt. Und sicher kann es nur sein, wenn man es von ggrundauf verstanden und durchdrungen hat. Wenn man es nicht nur so fesselt weil X es einem so gezeigt hat, sondern, weil man verstanden hat, warum! Und wann was wieso erforderlich ist.
Wir haben ein paar Fragen / Aspekte zusammengestellt, die jeder von euch der sich als erfahren bezeichnet, jeder der regelmäßig Suspension macht und auch jeder der TK/Gote bereits routiniert fesselt beantworten können sollte. Könnt ihr die nachfolgenden Fragen für euch beantworten habt ihr in jedem Fall ein sehr sicheres Wissen zu eurem Pattern TK/Gote. Ob eure Antworten richtig sind, weiß man natürlich noch nicht.
Diese Fragen dienen hier nicht als Test, es gibt auch ein Auswertung-Schema, sie sollen nur der Anregung dienen, dass man nochmal in sich geht, sich zu fragen, warum fessel ich das eigentlich so und nicht anders, wo braucht es welche Seile, wann und warum, usw..
• Wie bewegst du die Schultern in eine gute Ausgangslage und die Arme ergonomisch auf den Rücken? Nach welchen Kriterien entscheidest du ob du eine Low Hands, High hands oder Boxtie Armhaltung wählst? Welchen Einfluss hat die gewählte Armhaltung auf den Körper (je nach Suspension/ Belastung auf der TK/Gote)?
• Warum ist es wichtig, dass die Oberarme parallel zum Torso liegen und die Ellenbogen nicht vom Körper weg / nach außen abstehen?
• Warum lassen wir die Schulterblätter frei und fesseln vorne unterhalb der Achselfalte?
• Wo ist der Unterschied einer Stamm-TK und Stammlosen TK/Gote und welchen Einfluss hat dieses Wissen darauf, wo du deine Suspension-Line festmacht?
• Macht es einen physikalischen Unterschied in der Belastung der TK ob die Lagen auf dem Rücken V-förmig liegen oder gerade horizontal über den Rücken laufen?
• Warum gibt es einen physikalischen Unterschied in der Torso Belastung, je nachdem ob die Oberbrustlage horizontal um den Körper läuft oder auf der Körperfront oberhalb der Brust leicht bogenförmig läuft?
• Wann und warum lässt du die oberen Cinches besser weg? Kennst du alternative Möglichkeiten mit Extra-Seil die Oberbrustlage zu sichern? Wogegen sicherst du sie ab?
• Warum kannst du die unteren Cinches eigentlich niemals weglassen? Welchen trick gibt es (bei manchen TK/Gote) den Cinch so zu setzen, dass Last auf die Unterbrust kommt, aber nicht auf die Arme?
• Warum ist es für viele Menschen wichtig, dass Ober-, und Unterbrustlage direkt untereinander auf dem Oberarm platziert werden und warum ist es in jedem Fall idiotisch zu sagen dass 2,3,4,X Finger Platz zwischen Ober-, und Unterbrustlage liegen MÜSSEN?
• Welche Art von TK/Gote brauchst du für welche angestrebte Suspension? Welche Optionen für dritte Seile kannst du dann verwenden, die für einen Mehr-Komfort sorgen? Welche dritten Seile können gefährlich werden und wann? (man denke an halsnahe Seile).
• Warum haben Oberbrust-, und Unterbrustlage verschiedene Seilspannungen?
• Wieso kann man sich den Bizeps-Sehnenansatz in schlechten TK/Gote so schnell verletzen/entzünden mit der Folge von langandauernden Schulterschmerzen, die bis in den Arm runter ziehen und wie kann man das prophylaktisch vermeiden?
• Kennen du und dein Model den Unterschied zwischen Blutstau und Symptomen eines Nervenschaden? Kennt ihr Handfunktionstest? Wie ist eure Risikobereitschaft? Wann unterbrecht ihr oder hört sicherheitshalber auf weiter zu fesseln?
• Wo liegt dein schnellster Sicherheits-Ausstieg aus der TK/Gote? Wo beginnst du anzufesseln in einer Notfallsituation? Wie lange benötigst du circa zum abfesseln?
Und neben diesem Fragenkatalog, wollen wir euch auch ein paar Informationen an die Hand geben:
Was ist eine TK?
Ein Eigenname der sich für Fesselungen etabliert hat bei dem die Hände auf dem Rücken gefesselt werden und Traglagen über Arme und Brustkorb geführt werden. Je nachdem wie viele Seile verwendet werden, kann von TK1, 2 oder 3 gesprochen werden. Diese Begriffe sind gängig (vor allem TK2 und TK3) theoretisch kann man aber auch von TK6 sprechen und damit zum Ausdruck bringen, 6 Seile verwendet zu haben.
Man kann auch anders differenzieren und sagen: TK2 ist eine Fesselung die aus Ober-, und Unterbrustlage besteht. TK3 besteht aus mehr Seil noch dazu (Schultergurte, Taillenseil, verstärkte Traglagen). Dabei könnten dann für eine TK2 auch 4 Seile verwendet werden (je nach Körperform).
Ursprünglich steht TK für Takate Kote, das ist japanisch und wurde lange mit "kleine Hand hoch" übersetzt. Da die meisten TK Fesselungen aber in einer Boxtie-Armhaltung gefesselt wurden/werden statt hoch, gab es dann Menschen die lieber zwischen den Begriffen TK und Gote differenzieren wollten.
Schlussendlich ist das jetzt nicht relevant, lasst uns eine lange Geschichte grob halten, sonst wird dieser Thread zu lang: Meistens ist, wenn von TK die Rede ist also eine Oberkörperfesselung bestehend aus auf dem Rücken gefesselten Armen und Traglagen gemeint.
Welche TK ist gut?
Darauf kann man nur eine Antwort geben: Das ist davon abhängig mit wem und in welchem Kontext du sie nutzen möchtest.
Je nach Partner funktioniert eine Version einer TK besser als eine andere. Und je nach Kontext (Suspension [welche], Floorwork [was] oder Hashira oder oder oder) gibt es jeweils unterschiedliche Empfehlungen welche TK nun geeignet wäre, oder ob die TK überhaupt die beste Idee ist (es gibt ja unzählige Alternativen).
Wann kann ich eine TK?
Vermutlich niemals perfekt, denn jeder (!) auch die großen Meisterschüler und Groß-Meister verändern und verbessern kontinuierlich technische Aspekte. Es ist auch die Frage was für dich selber das Ziel ist und inwieweit du Perfektion für dich definierst oder erreichen willst.
Um abzukürzen: Dann wenn du eine TK an deinem Partner individuell angepasst sicher, flüssig und in angemessener Geschwindigkeit fesseln kannst.
Der Fokus liegt auf: Individuell angepasst. Denn Seilspannung und Platzierung der Seillagen müssen an jeden Partner individuell angepasst werden.
Auch die präferierte Handhaltung (Boxtie, High oder Low Hands) variiert nicht nur von Person zu Person, sondern auch je nachdem was ich mit der Fesselung Weiterfesseln möchte.
Wenn du weißt wie du eine TK je nach Suspension ggf. unterschiedlich technisch aufbaust um die Belastung, den Support oder Komfort zu verringern/erhöhen, wenn du weißt, wie sich die TK je nachdem welche Tsui-Befestigung du wählst verhält dann hast du ziemliches Fachwissen.
Gibt es eine Universal-TK?
Nein.
Es gibt so viele TK-Versionen, weil sie alle für bestimmte Zwecke konstruiert worden sind. Es gibt für jede Suspension am Ende besser und schlechter geeignetere TKs. Es kann Menschen geben die in jeder Situation mit ein und der gleichen TK gut klar kommen, und Menschen denen das nicht so ergeht. Grundsätzlich gibt es nicht die eine TK mit der man den Rest seines Lebens ALLES universell fesseln kann.
Ist High Hands gefährlicher?
Nein.
Das kann man so pauschal nicht sagen.
Zunächst: High Hands bedeutet NICHT, dass die Hände zwischen den Schulterblättern sitzen müssen. Leicht über das Niveau einer Boxtie hinaus gekreuzt ist völlig ausreichend. Es geht primär um das GEKREUZT sein. Dies ermöglich Scher-Effekte innerhalb der TK. Zwingt man ein Model entgegen der physischen Konstitution und Flexibilität in diese Haltung kann dies selbstverständlich mit Gesundheitsschäden einhergehen. Das ist aber gesunder Menschenverstand oder?
Fast jeder Mensch kann eine High Hands Haltung einnehmen (Vorerkrankungen und Operationen am Schulter- Arm Apparat mal außen vor gelassen). Wichtig ist dafür das richtige Body-Handling. Die Arme werden in einer Dreh-Klapp-Drück-Bwegung auf den Rücken geführt. Diese Vorgehensweise entspricht der natürlichen Glenksbewegung und ist daher ein ergonomisches und damit schonendes Vorgehen.
Ist eine TK gefährlich?
Ja.
Jede Fesselung ist potentiell gefährlich.
Die TK ist besonders deshalb gefährlich weil sie ein massiv unterschätztes Pattern ist, das in seiner optischen Beschaffenheit einfach nachzufesseln anmutet.
Deshalb- und weil viele Anfänger denken, dass aus ihnen nur was wird, wenn sie eine TK können, bringen sich viele Menschen auf Fesseltreffen oder autodidaktisch eine TK bei. Die Krüx liegt hier aber darin, dass kein Lehrer kontrolliert wie Body-Movemen, Armposition, Seilspannung und -platzierung sind.
Viele Menschen fesseln unergonomisch TKs. Viele Menschen haben ein schlechtes Placement (zu hoch auf dem Schultergelenkskopf z.B.). All das führt dazu dass Modelle über Schmerzen innerhalb oder nach einer TK klagen können. Wiederholt man häufig so eine falsche Version von TK, kann dies zu körperlichen Einschränkungen beim Model führen.
Wir klären in unserem Ropebottoming Artikel über körperliche Risiken und Nebenwirkungen auf.
Muss eine TK weh tun?
Wenn das nicht das explizite und gemeinsam angesprochene Ziel der Fesselung ist: NEIN.
Wenn du in einer TK Schmerzen hast, weil du Zug/Dehnung auf der Muskulatur, an Sehnen spürst, zu viel Druck auf den Armen oder sonst was: Teil dich mit, gib Feedback und fordere eine Veränderung ein.
Wer gescheit fesselt bekommt keine Fallhand!
Naja.
Wir sagen immer: Die Frage ist nicht, ob man eine Fallhand bekommt, sondern WANN. Jeder Mensch der fesselt, ist dem Risiko eines Nervenschaden ausgesetzt. Und früher oder später erlebt den beinahe jeder Mal. Egal wie umsichtig und aufmerksam und ordentlich man vorgegangen ist.
Gute Technik, gute Kommunikation, gutes Modelfeedback und achtsames Vorgehen sind natürlich trotzdem eine gute Prophylaxe.
Gibt es TK Alternativen?
Ja zig! Wir haben uns auf die Fahne geschrieben für jeden Menschen egal welcher Größe, Gewicht, Flexibilität, Vorerkrankungen usw eine Lösung zu finden, sowohl in Form von TK als auch Alternative (wir haben z.B. einen Workshop "Bigger Bodies" zu dem Thema gehalten), daher kann ich euch wirklich aus Erfahrung sagen: Es gibt hundert Alternativen.
Aber:
a) garantieren sie keinen 100%igen Schutz vor Nervenschäden (denn die den Arm versorgenden Nerven beginnen nicht erst am Oberarm zu wachsen sondern durchlaufen auch Achsel und Schulter und Nacken und können auch da von Seilen getroffen werden wie sie z.B. in Chest Harnessen häufig genutzt werden). Das Risiko wird geringer ausfallen, aber ist nicht ausgemerzt.
b) führen sie in Form von Chest Harnessen zu einer höheren Belastung auf den Brustkorb innerhalb von Suspensions, denn die ganze Last liegt nun auf dem Brustkorb. Das kann unproblematisch sein oder sogar geil, aber man muss es einfach wissen und beachten.
Die Eier legende Wollmilchsau für Menschen, die weder Last auf den Armen noch auf dem Brustkorb wollen heißt: Keine Oberkörperfesselung
Sondern z.B. Hip-Harnesse, Beinfesselungen o.ä.
Unsere persönliche Empfehlung
Eine TK ist ein komplexes Pattern, das potentiell viele körperliche Schäden verursachen kann. Eine TK sollte mit einem Lehrer gelernt und studiert werden. Wenn du bisher zu Hause mit Büchern, Freunden oder Tutorials TK fesselst und keine Probleme hast und glücklich mit dem status quo bist ist das total ok.
Möchtest du irgendwann weiter gehen und es tauchen vielleicht Probleme auf und du suchst DANN einen Lehrer, ist es viel mehr Arbeit die falsch antrainierten Fehler wieder umzuschulen, als von Beginn an das richtige zu lernen und wiederholen. Dabei bezieht sich die Wertung "richtig" nicht auf einzelne Schulen oder Stilrichtungen, sondern schlicht auf richtige Technik, Tension, Placement für DEINE Zwecke und DEINEN Verwendungskontext.